Wenn ich eines mittlerweile gelernt habe, dann folgendes: Spieler hassen es, verarscht zu werden. Und das in mehrerer Hinsicht. Vormals angekündigte, letztlich aber doch gestrichene Features. DLC die sich schon auf der Spieledisc befinden, aber nur gegen zusätzliches Entgelt zur Verfügung stehen sollen. Konsolen, Handhelds und Spiele, die wenige Monate nach Verkaufsstart entweder in wesentlich attraktiveren Bundles oder gar in Kompletteditionen mit DLC zu haben sind. All das regt uns auf. Und glaubt man der Industrie, ist das Problem nicht mehr länger der böse, BÖSE Gebrauchtspielekäufer, sondern das Spiel an sich. Anders kann ich mir nicht erklären, dass, nachdem die letzten Unkenrufe zum Thema „Konsolen sind tot“ und „Raubkopien machen uns arm“ stetig leiser werden und stellenweise verhallt sind, nun der nächste polemische Bullshit durch die Spieleindustrie hallt: „Free to Play ist die Zukunft!“
*seufz*
Das „Free to Play“ (vermutlich sinngemäß übersetzt mit „kostenlos Spielen“) Modell besagt ja eigentlich, dass der Spieler das Spiel kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt und prinzipiell kostenlos spielen kann. Geht man aber nun in die Feinheiten, wird man ziemlich schnell feststellen, dass „Free to Play“ in den meisten fällen alles andere als kostenlos ist. Um das Spielziel zu erreichen und um einen bestimmten Spielfluss, der sich beim Spielen eingestellt hat, nicht aufgrund der vorherrschenden Einschränkungen zwangsweise unterbrechen zu müssen, muss man für einige Sachen dann doch bezahlen: Waffenpakete, Erfahrungspunkte, Spielzeit, spezielle Boni, Kleidungsstücke, Ressourccen irgendwelcher Art, irgendwas aus dieser Liste ist es immer, dass bei einem „kostenlosen“ Spiel dazugekauft werden muss. Und man kann mir nicht erzählen, dass das Spiel an sich auch ohne diese seperat zu kaufenden „Bonbons“ spielenswert wäre.
Warum sollten so viele Entwickler und Publisher Spiele produzieren und auf den Markt bringen, wenn es für den Spieler kostenlos ist? Reichen Werbedeals alleine aus, um die Entwicklung, Vermarktung und laufenden Kosten eines solchen „Free to Play“ Titels dauerhaft zu kompensieren? Nein, es müssen Grenzen da sein, um den Spieler zum Kauf diverser Spielverbesserungen zu nötigen. Das Spiel wird unvollständig, der Spielfluss wird unterbrochen, der Publisher kommt und hält die Hand auf. Weiterspielen? Klar, Moment nur kurz, während dir der Publisher einen Arm auf den Rücken bindet, Werbung einblendet, eine Stoppuhr startet und dich nach dem Ablauf einer gewissen Zeit erneut daran erinnert, dass „Free to Play“ nur in den Momenten Spaß macht, wo man nichts von den Limitierungen merkt, die einem als Spieler auferzwungen werden. Und hält weiterhin brav die Hand auf. Allerdings möchte ich einen Faktor nicht auslassen: den Faulenzer. Es gibt sie wirklich, die Leute, die sich Spielfortschritt und Verbesserungen erkaufen, anstatt wertvolle Spielzeit reinzustecken. Kein Bock auf künstliche Hindernisse, die letztlich schlecht getarnte Supermarktkassen darstellen? Kauf dir Erfahrungspunkte, Waffen, Kleidung, dieses komische Reitschmusedingenskirchentier das eine Freundin von dir auch schon hat und ja so ultrasüüüüüß findet. Hier mal einen Euro, da mal einen Euro, ist ja nur ein Spiel, nix weiter dabei. Das ist nicht „Free to Play“, sondern „Pay to Win“ (wörtlich übersetzt: „Bezahlen, um zu gewinnen“).
Kennt ihr diese komischen Horrorstories von den verschuldeten Eltern, deren Kinder über diverse mobile Geräte kostenlose Spiele spielen und per In-App-Microtransactions (ich nenne es lieber „virtuelle Wegelagerei“) hier und da immer wieder für das „kostenlose“ Spiel Verbesserungen eingekauft haben, nur um am Ende mehrere hundert Euros los zu sein? Oder die Dinger mit Werbeanzeigen, die mit einer unbeabsichtigten Betätigung des Werbebanners entweder ein komisches SMS/MMS Abo beinhalten, dass man nicht kündigen kann oder (über die beim Download bestätigten Rechte) alles an Daten überträgt, was sich auf dem freien Markt so verkaufen lässt? Einige wenige Ausnahmen mag es ja geben, die nicht direkt ein Stück der eigenen Leber haben wollen. Aber erzähl mir noch mal was von kostenlosen Handyspielen, und ich hole meine Keule raus!
Woher kommt eigentlich diese Gratismentalität? Liegt es nur daran, dass seit dem Erfolgszug der Wii und der stetigen Verbreitung von Smartphones und facebook-Nutzung das Verlangen da ist, überhaupt etwas zu spielen? Aber warum soltle es kostenlos sein? Sind es die „Casual-Gamer“, die eigentlich nur gelegentlich spielen wollen aber nichts dafür bereit sind auszugeben? Die Gelegenheitsspieler spielen selten Spiele aus den einschlägigen Genres, die den „Core-Spielern“ zugeordnet werden: Echtzeitstrategie, Rollenspiel, Action-Adventure, Shooter, Beat-em-Ups, usw. Ihnen fehlt die Verknüpfung des Wertes des Spiels mit dessen Unterhaltungswert. Der Wert gleich in zweierlei Hinsicht: der Geldwert eines Spieles im Handel, der sich stetig verändert. Ein billiges Spiel muss nicht schlecht sein, genausowenig ein teures Spiel gut sein muss. Wir beraten uns vor dem Kauf meist selbst, lesen einschlägige Videospielmagazine, Kundenbewertungen, spielen vielleicht selbst mal eine Demo und kaufen es dann oder auch nicht. Der Gelegenheitsspieler macht das nicht. Er schaut nur, ob er jemanden kennt, der das Spiel auch spielt und spielt einfach. Was insofern einfach ist, da die entsprechenden Gelegenheitsspiele meist im Laden zu Billigstpreise verramscht werden. Kurzum: Wenn „Free to Play“ eine Antwort der Industrie darauf sein soll, dass immer mehr und mehr Gelegenheitsspieler für möglichst wenig Geld spielen wollen, dann geht die Rechnung nicht auf, wenn man „Free to Play“ nun versucht bei Genres zu etablieren, deren Fans eher bereit sind, für ein komplettes Spiel bezahlen, anstatt kontinuierlich vom Publisher angebettelt zu werden. Echtes „Free to Play“ ohne Zusatzkosten gibt es meines Erachtens nicht! Videospiele sind kein billiges Hobby, das merkt man spätestens dann, wenn man sich einen Spiele-PC oder eine Konsole zulegen möchte. Zusätzliche Controller und Kabel, einige Spiele, mittlerweile auch nahezu unverzichtbar: Downloadguthaben. Da ist man einige Euros los. Und das ist auch richtig so. Ein Spiel, das einem gefällt, sollte einen ruhig was wert sein. Die Indie-Bundles machen es eigentlich vor, wie es auch gehen kann. Spiele zu einem Preis, den man selber festlegen kann, und ein Teil der Einnahmen kommt wohltätige Zwecken zugute. Das ist nicht „Free to Play“ und nicht der altmodische Retail-Markt, aber ich denke dieser Weg ist zukunftsfähiger als das, was sich die Spieleindustrie mal wieder versucht in einer Art von speziellem Größenwahn zusammenzufaseln und schönzureden.
Es fällt mir schwer, nach all den miesen „Free to Play“ MMORPG-Klonen in Anime-Optik aus dem asiatischen Raum (die seltsamerweise fast alle gleich aussehene) etwas anderes zu sehen, als eigentlich komplette Spiele, die nur deshalb zerhackstückelt werden, um den Spieler dauerhaft und nachhaltig für die schnellen Dollars zur Kasse zu bitten. Was einige MMORPGs versuchen, ist auch mit Sorge zu beobachten. Der Branchenprimus „World of Warcraft“ nimmt selbst zuviel Platz ein, da fällt es vielen MMO-Spielen schwer, sich am Markt mit dem Abo-Modell durchzusetzen, beim Spieler eine regelmäßige Gebühr zu erheben. Im Gegenzug aber bei allem, was nicht WoW heißt zu verlangen, es sollte „Free to Play“ werden, ist verdammt großer Bullshit. Es bedeutet eigentlich nur, dass die Leute nur für WoW bezahlen wollen, alles andere an MMOs aber gratis zu sein hat, da man ja schon für WoW bezahlt. Ich bitte um Kommentare und eine interessante Diskussion, sollte ich mich irren. Was mich persönlich betrifft, zahle ich lieber gerne und regelmäßig für wirklich interessante MMOs wie z. B. „The Secret World“, anstatt auch nur einen Cent für den zehntausendsten Möchtegernklon an High-Fantasy MMORPGs zu investieren. Schade nur, dass guter Spielegeschmack nichts ist, was per se eine Art von Massenkompatibilität beinhaltet. Der Fluch des Mainstream ist leider, dass alles, was davon abweicht, zum Scheitern verurteilt ist. Man tritt lieber gegen Außenseiter, anstatt gegen die Masse. Ein Grund, warum die BILD-„Zeitung“ leider nach wie vor von zu vielen Leute gekauft wird, anstatt den Verlag endlich mal sang- und klanglos pleite gehen zu lassen. Aber ich schweife ab, bitte um Entschuldigung.
Mich würde ja interessieren, wie ein Spiel ist, was vorher für einen selbst mal „Free to Play“ gewesen ist, und dann ohne jegliche Limitierung funktioniert? Wieviel muss man insgesamt bezahlen, um ohne Grenzen dieses Spiel spielen zu können? Umfang, Story, Spielbarkeit, Spielfluss, Atmosphäre… was als „Free to Play“ Titel verdammt schwer ist, einzuschätzen, kann es als „Vollpreistitel“ überzeugen? Oder soll die „Free to Play“ Mechanik lediglich verschleiern, wie kacke das Spiel eigentlich ist? Klar, es gibt auch die „Free to Play“ Titel, die zum ausprobieren kostenlos sind, und ab einem bestimmten Punkt eine Vollbremsung einlegen, um zum Kauf zu animieren. Liebe Spieleindustrie: das nennt man Demo-Version. Ihr wisst schon, die Dinger, die es immer und immer seltener gibt. Kaum noch Leute können sich selbst ein Bild von einem Spiel vor dem Kauf machen, da wird dann lieber mal auf dem PC ein illegaler Download bedient oder eine Konsole geflasht, um das Spiel einfach mal auszutesten. Ich erinnere mich an eine Zeit von Shareware, Public Domain und Freeware. Das war gewissermaßen auch „Free to Play“. Traurig nur, dass man heutzutage darunter versteht, den Kunden lieber mehrfach und dauernd zur Kasse bittet, anstatt einmalig und endgültig.
Ich habe mich hier auf kein bestimmtes Spiel bezogen, aber man muss sich nur mal z. B. auf facebook umsehen oder einfach mal „Free to Play“ googlen, da findet man eine Menge Spiele, die „Free to Play“ sind… habt ihr euch eigentlich schon mal gefragt, was für Daten die Hersteller dieser Spiele über facebook erhalten? Und an wen diese Daten weitergegeben werden?
Sorry, aber bevor ich für ein kostenloses Spiel immer und immer wieder zur Kasse gebeten werde, hole ich mir lieber ein nicht-kostenloses Spiel, das man nicht zerstückelt, als „Gratis“ anpreist, nur um letztlich für die Einzelteile separat abzukassieren. Wobei, was da seit Jahren schon mit DLC abgeht, frage ich mich, ob diese „Free to Play“ Entwicklung eigentlich nur die logische Konsequenz dieser Geschäftspolitik darstellt.