Der Grund, warum Nintendo untergehen könnte…

Wir werden belächelt, manchmal mitleidig, manchmal unverhohlen schadenfroh. Wir, die Besitzer ein Wii-Konsole. Wir, die Nintendo die Treue halten und unter anderem von „Videospielern“ Grafikhuren und (nicht ausschließlich, aber auch) Sony-Fanboys erniedrigt werden, zum Kiddie-Gamer degradiert, als Casual-Gamer beleidigt und verschmäht.

Wie konnte es überhaupt soweit kommen?

Wir erinnern uns? September 2005 wurde die Steuerung der neuen Nintendo-Konsole vorgestellt. Im Jahr 2006, genauer April, wurde der Name der neuen Nintendo Konsole, bisher nur unter dem Arbeitstitel Revolution bekannt, der Welt bekanntgegeben: Wii. Nintendo macht sein eigenes Ding, versucht durch die Art der Steuerung der Konkurrenz den Markt abzugraben. Grafikleistung: kein HD, die Konkurrenz sieht bei fast allen Spielen auf entsprechenden Geräten einfach besser aus. Also braucht man die zündende Idee, um sich von der Konkurrenz abzuheben: neue Nutzergruppen ansprechen! Spieler gewinnen, die bisher nie gespielt haben. Das soll alleine durch die Steuerung und die Zugänglichkeit entsprechender Spiele gegeben sein.

Zu diesem Zeitpunkt war die Xbox 360 schon seit ca. 5 Monaten nahezu weltweit auf dem Markt erhältlich. Die PlayStation 3 war in den USA und Japan schon erschienen und wartete auf ihren Release im März 2007 in Europa, die Wii sollte also quasi zuletzt bzw. als zweite Konsole der sogenannte „7. Konsolengeneration“ erscheinen und der Konkurrenz einiges an Vorlaufzeit bieten.

Ende 2006 war es dann soweit, die Wii wurde veröffentlicht und war verdammt schnell ausverkauft. Jäger dieses Nintendo-Konsole mussten Gespür, Geduld und ein starkes Nervenkostüm besitzen, wenn sie im Dezember eine Wii kaufen wollten. Der Wiimote-Hype um die Bewegungssteuerung, die von Sony vor dem Start der Wii sehr dreist im Ansatz für die PS3 kopiert worden war (Sixaxis anyone?), sollte erstmal für den Schub zu Anfang sorgen. Und auch das Medienecho war nicht ohne. Die wohl dümmsten Benutzer unter dieser Sonne waren offensichtlich stellenweise zu blöd, die Handgelenkschlaufe zu verwenden und folglich durch allzu waghalsige Bewegungsaktionen die Wiimote Richtung LCD-/Plasma-/Sündhaftteuer-TV zwecks vollständiger Zerstörung beyond repair and reason zu schleudern. Die Wiimote hat übrigens scheinbar jeden dieser Attentate überlebt. Das ist Qualität Marke Nintendo, versucht das mal mit Dritthersteller-Controllern 🙂 Und auch bei Senioren und in Therapien wurde die Wii eingesetzt. Kurz: das kleine weiße Teil mit der Fernbedienung war in aller Munde bzw. Hände.

Was danach passierte, war das, was ich jetzt als „Anfang vom Ende“ interpretieren würde. Nintendo hatte es mit „Wii Play“ und „Wii Sports“, Ubisoft dagegen mit „Rayman Raving Rabbids“ vorgemacht, nun sollte die Welle der Minispielsammlungen und Spiele mit aufgesetzter Fuchtelsteuerung auf die Besitzer der weißen Nintendo-Konsole treffen. Leider selten Qualitätsware der Marke Nintendo, sondern zunehmender Dritthersteller. Aber eigentlich auch fast logisch, die Lizenzkosten wurden sehr niedrig gehalten, dass jeder Hanswurst von Entwickler und Publisher seinen programmierten Abfall auf der Wii veröffentlichen kann. Von dem Ruhm des einst unter Videospielern respektierten „Nintendo Seal of Quality“ war nicht mehr viel übrig. War das sog. Casual-Gaming bisher auf Browserspielchen, diverse Nintendo DS Titeln und LowBudget-PC-Games begrenzt, wurde die Nintendo-Konsole im Laufe der Jahre Hort für jede Menge weiterer Skurrilitäten, die die Wii zunehmend diskreditierten und das Lager der Spieler für immer in „Casual“ und (Hard-)“Core“ spalten sollte. Auch wenn das überragende „The Legend of Zelda: Twilight Princess“ zum Start erhältlich war, irgendwann reicht es nicht mehr, eine Konsole nur wegen einem guten Spiel zu besitzen. Abwärtskompatibilität hin oder her, niemand holt sich GameCube Spiele für die Wii. Was nicht zuletzt auch daran lag, dass Nintendo den unverzeihlichen Fehler begangen hat, die Besitzer des GameCube derart vor den Kopf zu stoßen und fortan, seit Erscheinen der Wii, keine weiteren GameCube Titel mehr zu veröffentlichen, geschweige denn zu lokalisieren. Auf Perlen wie z.B. „Baten Kaitos: Origins“ mussten europäische Nutzer verzichten. Kurios ist allerdings, dass „The Legend of Zelda: Twilight Princess“ in ungespiegelter Form (Link ist im Original Linkshänder!!!) noch für den Cube erschienen ist.

Die Erstkäufer der Wii hatten sich nach einer kurzen Zeit an der neuen Fuchtelei jedenfalls sattgespielt und wollten wieder „richtige“ Spiele spielen. Bis Nintendo allerdings „Super Mario Galaxy“ und andere Perlen veröffentlichen sollte, hatte ein Teil der Wii-Besitzer entweder ihre Konsole verkauft und der Wii endgültig den Rücken gekehrt, oder umbauen lassen, um den ganzen Casual-Müll für umsonst zu spielen und später auch noch von den „Core“-Titeln was zu haben. Das Problem ist halt: Eine Softwarebibliothek, die zu gefühlt 95% aus Sondermüll besteht, kann im Geschäft weder eine Konsole verkaufen, noch eine Konsole wettbewerbsfähig auf dem Markt halten. Das Manko des GameCube hing der Wii auch noch nach, bei der Dominanz und Qualität der nintendoeigenen Titel sahen im Vergleich die (immer noch) mieserablen Umsetzungen anderer Hersteller/Publisher grottig aus. Entweder es war schlechte Grafik, miserable Steuerung, (seit der Wii hinzugekommen) ein komplett anderes Spiel als auf den „normalen Konsolen“ mit aufgesetzer Fuchtelsteuerung oder man hat, Himmel bewahre, eine weitere Minispielsammlung herausgebracht. Es hat die Leute kaum noch interessiert, die Wii war zwar lebendig und auf dem Markt präsent… aber irgendwie schon so gut wie tot. Hin und wieder ein Lebenszeichen abseits der „Casual“-Scheisse, aber es ist nur ein Zucken, ein unbedeutender Muskelreflex im Wachkoma.

Und wer kam auf die endlos glorreiche Idee, lediglich 512 MB Flash-Speicher zu verbauen? Wäre es so viel teurer gekommen, wenigstens 2 GB zu integrieren, anstatt auf die SD-Karten Hin- und Her-Schieberei per Firmware-Update zu setzen? Hätte es so viel mehr gekostet, eine WLAN 802.11 n Unterstützung zu integrieren, anstatt lediglich auf 802.11 b/g zu setzen? Wo ist das Online-Gaming, wo die Kommuniktion mit den anderen Spielern? Die stiefmütterliche Behandlung von Online-Gaming, Community-Gefühl und Internet-Features ist meines Erachtens extrem kontraproduktiv zum Zeitgeist und kommt dementsprechend auch nur sehr schleppend voran. Ich meine, Freundescodes? Für jedes einzelne shitfucking game ein einzelner shitfucking friendcode? For real? What the royal fuck of fuckiddy fuckness? Hauptsache so begrenzt wie möglich interagieren, hauptsache alles irgendwie so begrenzen, wo es nur zu begrenzen geht. Danke Nintendo, legt eure Spieler in Ketten, Knebel, Fesseln. Die Welt ist ein gefährlicher Ort und die Spieler müssen vor den anderen Spielern beschützt werden. Und wenn wir schon mal bei der Hardware sind: warum verbaut man veraltete Technik beim DS, speziell wenn es um Sicherheitsdinge geht? Klar, ich versuche nach Möglichkeit immer die WiFi-Connection Downloads für die Pokémon Spiele zu ergattern… nur jedesmal dann das eigene WLAN auf WEP-Verschlüsselung umzustellen, nur weil der DS nichts anders kann, das tut weh.

Und trotzdem. Ja, es gibt sie noch. Die Hardcore-Zocker. Die sich die Perlen aus Nintendos/Square Enix/(insert quality publisher here) Software Bibliothek schnappen und mit den hochkarätigen Titeln eine Menge Spaß haben, als wäre die Wii lediglich eine weitere Konsole unter vielen und nicht die verschmähte Casual-Wii. Und ja Nintendo/Square Enix/(insert quality publisher here), ihr habt in letzter Zeit auch wieder richtige Spiele veröffentlicht. „No More Heroes 2“, „Monster Hunter Tri“, „Donkey Kong Country Returns“, „Metroid: Other M“… aber in meinen Augen trotzdem nur ein verzweifeltes Aufbäumen, zumindest einem geringen Teil der Spieler noch halbwegs zufriedenzustellen, die die Konsole noch original, nicht umgebaut und treudoof bei sich stehen haben. Der Schlag ins Gesicht, dass kein Nachfolger von „Donkey Kong Country Returns“ in Erwägung gezogen wird, ist wieder etwas, womit ich nicht gerechnet hätte. Das geht über meinen Verstand hinaus. Eine Neuauflage einer SNES-Collection von „Super Mario Bros.“ Spielen ist zwar nett, aber noch lange keines Ablasses würdig. Was läuft falsch, warum tut ihr das?

Es gibt aber auch eine andere Sache, die ich nicht ganz verstehen kann bzw. will. Und zwar, dass es sowohl im Bereich der VirtualConsole-, als auch bei WiiWare- und Retail-Spielen keine Schnäppchen bzw. eine Art „Player’s Choice“ gibt. Her mit euren Euros, Onkel Nintendo hält die Taschen auf. „Super Mario Galaxy“, erschienen im November 2007, kostet am Amazonas immer noch knapp 40 Teuro. „The Legend of Zelda: Twilight Princess“, einer der Starttitel, schlägt fast 4 Jahre nach Erscheinen immer noch mit knapp 50 € zu Buche. Das tut weh. Lassen wir die auf das Jahr gerechnete spärliche Veröffentlichung der richtigen Spiele Revue passieren, gibt es pro Jahr für Fans der jeweiligen Marke evtl. ein bis zwei Spiele, die der Sammlung einverleibt werden wollen. Hier geht es dann wieder Richtung Umbau zwecks illegaler Spielekopie für umsonst. Oder die Wii wird wieder verscheuert, weil es kaum gute Spiele dafür gibt. Es dreht sich im Kreis.

Klar, Nintendo wird da bestimmt ein Argument nach dem anderen an den Haaren herbeiziehen, Statistiken, Umfragen, etc., nur dass mich gefälschte Statistiken nicht interessieren. Ich sehe zu oft Leute, die eine Flash-Card für den DS kaufen oder ihre Wii umbauen lassen wollen und dann im selben Atemzug dreist fragen, wo es die Spiele dann für umsonst zum Download gibt. Wenn selbst Händler keine Nintendo DS Spiele mehr verkaufen können, weil der Markt auf die Flashcards ausweicht. So weit ist es gekommen, Nintendo. Da hilft euch auch keine schöngeredete Statistik mehr. Euer Tod liegt nicht in illegalen Kopien eurer Spiele, sondern weil eure Kunden euch kaum noch für voll nehmen. Nintendo wird zum Schrott degradiert, auf dem es Spiele für umsonst gibt. Es wird evtl. in die Hardware investiert, evtl. sogar gebraucht, aber unterm Strich beklauen euch die Leute. Weil ihr nichts mehr tut, um euch selbst noch ernst zu nehmen. Ihr seht zu und tut nichts! Anti-Piracy Maßnahmen sind keine Mittel und Wege, Käufer zu gewinnen!

Für die Zukunft? Was kann Nintendo tun, um mitzuhalten? Auf den Preis setzen ist eine Sache, wobei die Xbox 360 preislich der Wii derzeit gut Paroli bietet bei insgesamt besserer Grundausstattung und größerem (hochqualitativem) Spieleangebot. Oder vergleiche ich hier wieder Äpfel mit Wolldecken? Eine Konsole unter vielen dreien oder einfach ein eigener Markt für 95% Schrottspiele? Nintendo muss endlich begreifen, dass ihre Strategie auf kurz oder lang scheitern muss! Wer die Konsole billig machen will, mus damit rechnen, dass der Großteil an Spielen auch billig wird… und das in jeglicher Hinsicht. Es bringt nix, sich zu verweigern, weil die Konkurrenz entweder zuerst da war mit den Features, oder weil die Kosten höher würden. Qualität, meine Damen und Herren! Nebenbei bemerkt, als Kunden für einen evtl. Wii-Nachfolger will Nintendo bestimmt NICHT die Leute haben, die sich die Konsole anfangs nur aus Jux und Dollerei gekauft haben, um sie dann später zu verkaufen oder umbauen zu lassen. Liebe Leute von Nintendo: Ihr braucht wieder eure Fans. Und eure Fans brauchen euch. Wenn ihr dann noch da seid, um auf dem Markt überhaupt noch mitzureden. Oder ihr hört auf, bevor es noch schlechter wird und verkauft nur noch Fitnessgeräte für den Fernseher.

So geht Nintendo also vielleicht unter? Nicht mit einem Knall, nicht mit einem Skandal, sondern weil es einfach niemanden mehr interessiert… und Nintendo den Nerv hatte, mehr oder weniger tatenlos zuzusehen. Gegen den Strom zu schwimmen ist ja so viel cooler, als seine Glaubwürdigkeit auf dem Markt zu behalten. Eine andere Frage sollte sich jedem aber auch stellen: würde es einen Unterschied machen, wenn Nintendo anfängt mit der Strömung mitzuschwimmen? Oder interessiert es die Leute schon jetzt nicht mehr?