Review – Borderlands

Da „Diablo III“ ja noch scheinbar auf sich warten lässt, spiele ich einen nahen Artverwandten. „Borderlands“ von Entwickler Gearbox Software ist, kurz ausgedrückt, keine krasse Revolution unter den Spielen. Aber eine echte Ausnahme.


Acht Fäuste, drei Knarren, ein Messer, ein Stück Stahl mit jeder Menge Stacheldraht und eine Karre für garantiert kein einziges Hallelujah!

Ein Shooter, der das Prinzip der Action-Rollenspiele aufgreift? Oh yeah!


„Okay Schatz, wenn du mir jetzt auch noch sagen kannst, wie wir den Roadkill zubereiten sollen, reiße ich dir nicht den Kopf ab!“

Ihr kommt auf dem Planeten Pandora an und schlagt euch erstmal durch ein nett inszeniertes Tutorial, in dem ihr auch gleich mit der Claptrap (eigentlich CL4P-TP) Bekanntschaft macht, einem tendenziell hyperaktiven Roboter mit starker Affinität zum Tanz und schnellen Rythmen. Die Steuerung und das Spielprinzip werden einem in den nächsten 10 Minuten sehr gut nahegebracht, nach dem „Zwangstutorial“ werdet ihr quasi von der Leine gelassen und euch steht die Welt offen. Nunja, fast zumindest. Aber erstmal zur Story. Alle 200 Jahre auf dem Planeten Pandora soll sich der Weg zur Kammer öffnen, die mit unsagbaren Reichtümern und mächtigen Artefakten randvoll gefüllt sein soll. In der kleinen Stadt Fyrestone beginnt eure Reise durch diese postapokalyptisch anmutende Welt und schon bald nimmt die Wächterin der Kammer Kontakt mit euch auf und weist euch Stück für Stück den Weg zur Kammer.


„Nein, ich glaube es ist nicht gut gelaunt!“

Aber der Weg ist weit. Sehr weit. Klar, die Welt ist offen und ihr habt Knarren und theoretisch hindert euch nichts und niemand daran, einfach loszulaufen und die Kammer zu finden. Boss für Boss zu erledigen und Stück für Stück eurem Ziel immer näher zu kommen. Ich meine, es steuert sich wie ein Shooter, also ist es ein Shooter, richtig?

FALSCH! Steuerungstechnisch spielt es sich zwar wie einer unter unzähligen 1st-Person-Shootern. Das Spielprinzip könnte allerdings direkt aus „Diablo“, „Torchlight“ oder anderen Genrevertretern stammen. Ihr sammelt Erfahrungspunkte und verbessert euren Charakter stetig durch neue Waffen und Skills. Je länger ihr mit einer bestimmten Waffengattung hantiert, desto besser werdet ihr mit dieser Waffe. Gegner lassen Munition, Geld und Waffen fallen. Leider ist euer Inventar genretypisch begrenzt, dass ihr zwischenzeitlich gut überlegen müsst, ob ihr die gefundene Überwaffe jetzt verkauft für die schnellen Dollars zwischendurch, oder sie euch für den nächsten Level aufspart, wenn ihr sie dann auch benutzen könnt.


„GRARRRGRGGRGGGAGARGHHHRGAGGHHHAHHHH…“

Es gibt vier Charakterklassen, von denen ihr euch eine direkt zu Anfang des Spiels aussucht. Da wären Roland (Soldat), Mordecai (Jäger), Lilith (Siren) und Brick (Berserker), die allesamt durch die Klasse bedingt das Spielerlebnis unterschiedlich gestalten. Ich habe bis jetzt nur den Soldaten gespielt, würde aber gerne dem Jäger auch eine Chance geben und das Spiel ein wenig anders erleben wollen. Die Hauptstory, wenn man sie so nennen möchte, bleibt von der Wahl eurer Klasse aber unangetastet. Das Skillsystem erlaubt die Ausbildung verschiedener Fähigkeiten und Verbesserungen während ihr eure Argumentationsverstärker in den weitläufigen Gebieten für sich sprechen lasst. Ihr sammelt durch das Erledigen von Quests Erfahrungspunkte und Items und levelt euch Stück für Stück auf. Denn hier hört es nämlich auch auf mit dem Shooter, denn die Effizienz der jeweiligen Waffe und der Schaden an euch bzw. an den Gegnern wird an eurem Level und den Fähigkeiten der Waffe festgemacht. Deswegen macht es zum einen kaum Sinn da stur durchzurennen, da im Laufe der Story erst nach und nach die verscheidenen Gebiete im Laufe der Hauptquests freigeschaltet werden und zum anderen, weil ihr, je weiter ihr kommt und desto niedriger euer Level im Vergleich zu den Gegnern ist, nicht mal ansatzweise eine Chance habt. Das kann man sich ungefähr so vorstellen, als ob man als Lv. 1 Charakter in „Diablo II“ direkt runter ins Kloster kommt, um Andariel fertigzumachen: eine Verschwendung von Ressourcen und Zeit. Trotz der Freiheit ist Borderlands ganz klar kein sog. „Sandbox“-Game, da man in den Möglichkeiten auf seine Klasse limitiert ist und der Weg sowie der Weg dahin mehr oder weniger vorgegeben ist. Keine Feinheiten, die es zu bestaunen gilt, nur der Weg zur nächsten Horde von Gegnern. Einem Fundus an Geld, Waffen, Munition und einen unermüdlichen Zeigefinger vorausgesetzt kann das Spiel für längere Zeit begeistern.


Im Team kriegt man die großen Viecher schneller klein, im Alleingang wird das hingegen eher ein Nahtod-Erlebnis…

Kommen wir nämlich nun zu dem, was das Salz in der Suppe der Rollenspiele ist: die Waffen! Von denen gibt es einige, um nicht zu sagen unzählige. Wird Action-RPG-typisch auch eine Auswahl an seltenen Spezialwaffen mit bestimmten Attributen und Verbesserungen verfügbar, so ist der Rest nach einer Art Baukastensystem zufallsgeneriert und für wirklich jeden Geschmack ist was dabei. Aber Waffe ist nicht gleich Waffe, es gibt vier sehr wichtige Haupteigenschaften, die man alle mit anderen Waffen abwägen sollte, ob man die Waffe wirklich nutzen will.

Genauigkeit (je näher an der 100%, desto besser)
Magazingröße (je mehr, je besser)
Nachladegeschwindigkeit (je niedriger, desto besser)
Schussfrequenz (abhängig von Magazingröße, ballert eine Abzugbetätigung das gesamte Magazin leer oder geht die Waffe sparsamer mit der Munition um?)

Später wird auch ein „Elementarschaden“ für einige Waffen verfügbar, zu den Eigenschaften gehören auch (je nach Waffentyp) aufmontierte Klingen für höheren Nahkampfschaden oder Zielfernrohre für Distanzangriffe. Je nach Gegnertyp, eurer Klasse und nicht zuletzt eurer bevorzugten Methode der Feindeliminierung gilt es, den passenden Argumentationsverstärker zur richtigen Zeit parat zu haben. Das begrenzte Inventar, dass sich später Stück für Stück erweitern lässt, das An- und Verkaufssystem über Automaten und die Sammelwut machen es daher zu einem reinrassigen Action-Rollenspiel, daran gibt es nichts zu rütteln. Je nachdem mit welchen Waffen ihr euch bevorzugt durch die Einöden von Pandoira schlagt, steigert ihr eure Effizienz je länger ihr eine bestimmte Waffengattung erfolgreich einsetzt.

Neben den typischen Projektilwaffen gibt es Granaten, die auch unterschiedliche Eigenschaften wie Elementarschaden, Sekundärprojektile (also noch mehr Granate pro Granate ^.^), Kontakt- oder auch Annäherungszünder. Unerlässlich ist außerdem der Schild. Er schützt euch vor gegnerischem Feuer und regeneriert sich im Laufe der Zeit wieder. Ist der Schild leer, nehmt ihr direkt Schaden. Optimal sind Schilde, die auch die Gesundheit regenerieren. Aber hier gilt es auch, auszuprobieren und die Kombination zu finden, die zu einem selbst am besten passt. Auch ein Upgrade für den Charakter ist möglich und wird als Item im Inventar verwendet und ausgerüstet. Je nach Upgrade werden einige Werte verbessert und diverse Skills unterstützt. Die Upgrades sind klassenabhängig und sind, wenn man sie selbst nicht verwenden kann, entweder eine gute Aufwertung des Teams im Coop-Modus oder eine Geldeinnahmequelle beim Verkauf.


amplificacion de argumentacion

Was in manchen Spielen die Reittiere sind, sind in Borderlands die Fahrzeuge. Diese sind mit Waffen ausgestattet und lassen sich sehr wendig steuern. Gerade im Koop-Modus macht das einen unglaublichen Reiz aus, ein Spieler am Steuer, der andere am Geschütz. Ab einem bestimmten Punkt werden die Fahrzeuge verfügbar, relativ früh im Spiel, und sind kostenlos. Wollt ihr nicht die Kilometer an Strecke zur nächsten Stadt oder eurem Einsatzort der Quest laufen bzw. fahren, gibt es die Möglichkeit, über die Schnellreisepunkte in einem Auswahlmenü von einem Ort zum anderen zu gelangen. Ist ein Schnellreisepunkt entdeckt, könnt ihr diesen fortan dauerhaft nutzen, was speziell nützlich in Situationen ist, wo ihr ein neues Gebiet mit stärkeren Gegner gelangt und zwischenzeitlich heilen bzw. euer Loot verkaufen bzw. neue Munition kaufen müsst.

Die Inszenierung ist zunächst ungewöhnlich, das Spiel präsentiert sich in einem dreckigen Cel-Shading-Look und macht das Ganze sehr comichaft. Die Umgebung von Pandora im besten postapokalyptischen Wüsten-Szenario tut ihr übriges dazu, um den Spieler in den Bann zu ziehen. Ein wenig „Mad Max“ Stimmung hier, ein bisschen „Diablo“ da, gemischt mit dem Look vom Cel-Shading-Comic-Shooter „XIII“ und fertig ist „Borderlands“. Der überzeichnete, comicartige Stil passt zum Humor des Spiels, das sich stets mit mehrfachem Augenzwinkern präsentiert. Die deutsche USK-Fassung des Spiels wurde leider um sämtliche Comicsplatterei erleichert und erhielt trotzdem eine 18er Freigabe (Schnittbereicht hier!). Kein Comicblut, keine Skelette, keine Headshots, dem Spiel fehlt etwas. Das Suchtprinzip des Itemsammelns und die Suche nach der perfekten Ausrüstung für den Streifzug durch diese Welt motivieren über sehr viele Spielstunden. Borderlands funktioniert gut als Diablo-Klon mit einer für das Genre ungewohnten Steuerungsart, aber zieht in erster Linie auch seinen Reiz aus der überzogenen Darstellung der Charaktere, Gegner und Zerstörung. Volljährige Spieler greifen in jedem Fall zur indizierten Uncut-Fassung aus dem europäischen Umland.


Schöne Landschaft!

– Name und Systeme:
Borderlands (360, PS3, PC)

– Spieleranzahl:
1-2 (Einzelspieler/Coop-Splitscreen), 2-4 (Online)

– Mehrkosten:
insg. 4 zusätzliche DLC-Pakete, jeweils ca. 10 € (variiert), Download-Code für alle DLCs in GotY-Ausgabe des Spiels enthalten

– gelungen:
Steuerung, Gameplay, Schwierigkeitsgrad, Präsentation, Atmosphäre

– weniger/nicht gelungen:
„Suchtfaktor“ des Sammelns tritt später zu sehr in den Vordergrund

– hätte besser sein können:
zu wenig Story für so viel Spiel, Zensur der deutschen Fassung überzogen und komplett unnötig

– Kaufempfehlung für:
Action-RPG-Zocker, Fans der „Diablo“-Spiele, Shooter-Freunde die mal was anderes wollen

Bitte beachten!
Dieses Spielereview unterliegt ausschließlich meiner persönlichen Betrachtungsweise und ist zu keinem Zeitpunkt dem Leser Objektivität schuldig. Die Eindrücke und Erfahrungen während des Spielens können, abhängig vom Gemütszustand der spielenden Personen, Fanboyallüren, verwendeter Technik und anderen ggfs. relevanten Faktoren stellenweise erheblich variieren. Dieser Artikel stellt keine Werbung im eigentlichen Sinne dar, sondern spiegelt lediglich meine eigene Betrachtung des Spiels wieder. Das Lesen dieses Artikels ist für alle Altersgruppen gestattet, für den Erwerb des Spiels gelten die jeweils gültigen nationalen Jugendschutzgesetze.

Fast alle Bilder entstammen dem von Gearbox Software zur Verfügung gestelltem Pressematerial. Alle Rechte den jeweiligen Eigentümern. Und bitte stattet auch der offiziellen Seite einen Besuch ab.

P.S.
Jetzt und in Zukunft verzichte ich darauf, die Steuerung bei den von mir gespielten Spielen genauestens zu erläutern, da die meisten der Spiele für verschiedene Plattformen erscheinen und sich u.U. in der Buttonbelegung anpassen lassen. Und ich muss euch ja nicht alles vorweg nehmen, oder? ^.^