Review – The Secret World

Gleich vorweg, das hier könnte fies werden. Nicht fies im eigentlichen Sinne, ich versuche nur weitestgehend meine Fanboy-Brille abzunehmen und über diese Spiel zu schreiben, wie jedes andere auch. Dass ich seit dem ersten Beta-Wochenende eine Menge Spaß mit dem Spiel hatte, konntet ihr meinem früheren Artikel ja bereits entnehmen. Seit Anfang Juli ist es erschienen und ich habe mir natürlich pünktlich zum Launch bereits meine Version gesichert.

Was soll ich sagen? Ich liebe dieses Spiel!

Aber da man sich mit solchen unqualifizierten Aussagen höchstens auf BLÖD-Niveau bewegt, versuche ich darzustellen, warum das Spiel bei mir den ganz besonderen Nerv getroffen hat und mich trotz monatlicher Gebühren dauerhaft fesseln wird.

Charaktererstellung funktioniert wie gehabt, ihr könnt lediglich Gesichter und -merkmale, Frisuren, Hautton und Anfangskleidung auswählen. Vor der Charaktererstellung entscheidet ihr euch für eine von drei Geheimgesellschaften: Illuminati, Templars und Dragon. Ihr werdet in das Spiel und eure jeweilige Gesellschaft eingeführt und euer Charakter erlebt die Geschichte des Spiels als Anwärter der jeweiligen Fraktion, wobei die Quests und Hintergrundgeschichte immer mit den jeweiligen Fraktionen storytechnisch verwoben werden. Denn der eigentliche Punkt der Handlung ist folgender: alles, was es an Mythen, Legenden, Monstern und dunklen Welten gibt, existiert in „The Secret World“. Schauplatz ist unsere Zeit, unsere Welt, angereichert mit allem, was moderne Fantasy so zu bieten hat. Anspielungen auf Poe, King oder Lovecraft? Himmel, ihr müsstet vollkommen blind sein, sie nicht zu erkennen. Zombies, Vampire, Werwölfe, Monster, jahrtausendealte Schrecken, Geister, urbane Mythen, Sternengezüchte… all das ist über unsere Welt gekommen und wir sind bewaffnet und bereit genug, das zu ändern.


Illuminati, Templars oder Dragon? Choose your Destiny!


Verfluchte Häuser, die ein unheimliches Eigenleben entwickelt haben, gehören auch zu „The Secret World“


Vor Kingsmouth ziehen sich ein paar Zombies genüsslich eine Portion Rippchen rein

Wo wir wieder zu den Fraktionen kommen. Den Templern, nicht zu verwechseln mit den Tempelrittern, ist eine lange Tradition und Disziplin inne und ihre feste Überzeugung, das Böse vom Angesicht der Erde zu tilgen. Ihre Überzeugung grenzt fast an Fanatismus, aber ihre Loyalität ist beispiellos. Als Templar ist man niemals alleine, in der GEmeinschaft finden die Templar Kraft. Die Illuminati spielen in erster Linie eine Spiel um Macht und Einfluss und schrecken nicht vor zwielichtigen Methoden zurück, wobei ihr Erfahrungsschatz und ihre Ressourcen ernorm sind. Ihnen geht es um den größtmöglichen Gewinn, ob dabei nun Menschen oder Monster daran zugrundegehen ist egal, somit sind die Illuminaten der skrupellose Konzern unter den Geheimgesellschaften. Dragon sind die geheimnisvollste Gruppierung, sie glauben in erster Linie, dass durch das Chaos wieder Ordnung entstehen kann. Und so spielen sie immer wieder im Hintergrund eine unsichtbare Rolle, indem sie mit kleinen Aktionen immense Wirkung erzielen. Das finale Ziel der Drachen ist jedoch kaum einem bekannt, nicht mal ihnen selbst. Sie sehen sich selbst nur als kleine Kraft in einem weitaus größeren Spiel und warten da, wo andere vorschnell agieren.

Soviel zur Rahmenhandlung und den Fraktionen, mit fortschreitender Dauer und Charakterentwicklung steigt ihr im Rang der Geheimgesellschaft auf und erhaltet Titel, den ihr zusätzlich zu eurem Charakternamen anzeigen lassen könnt. Später gibt es fraktionsspezifische Quests, die neben einem Rangaufsteig auch eine fraktionsspezifische Uniform beinhalten. Kleidung ist überhaupt eine interessantes Thema. Eure Charakterverbesserungen macht ihr über ausgerüstete Amulette und Talismane fest, die Kleidung ist rein kosmetischer Natur und soll in erster Linie nur gut aussehen. Kleidung erhaltet ihr für das Abschließen von Questreihen (bzw. dem Erreichen des jeweiligen Archievments), über das Kaufhaus „Pangaea“ in London gegen Ingame-Währung oder über den Item-Store, der quasi über Echtgeld funktioniert. Davon mag man halten was man will, es verschafft den Spielern die den Item Store nutzen im Spiel keinerlei Vorteile im Spiel, wenn sie Titel, Pets, Kleidung kaufen und nutzen. Die unübersichtlichen Gebührenstrukturen findet ihr am Ende des Artikels in der Zusammenfassung und ich möchte an dieser nur Kritik dazu äußern, dass es momentan noch keine Gamecards gibt, die eine Prepaid-Abrechnung ermöglichen. Der Item-Store über das Spielmenü funktioniert mit Funcom-Punkten, die separat erworben werden müssen.


Zwiegespräche mit einem Raben


Es ist zu bezweifeln, ob es für diese idyllische Stadt überhaupt noch Hoffnung gibt…


Der Hausmeister wurde infiziert, von etwas unsäglich Bösem, älter als unsere Welt…


Die Infektion schreitet voran… und dieser Insel sollte man ohne schlagkräftige Gruppe im Schlepptau möglichst fernbleiben

Missionen gibt es in mehreren Unterarten. Die Storymission, die fast immer in Hintergrund läuft und die ihr langsam angehen solltet, wollt ihr das beste Spielerlebnis haben. Also Gebiet für Gebiet alle Missionen annehmen und den Charakter soweit entwickeln, dass er für das nächste Gebiet stark genug ist. Dann gibt es die Hauptmissionen, von denen ihr immer nur eine aktiv haben könnt und wie die Storymission fast immer auch einleitende Videos der betreffenden NPCs zur Mission und deren genauere Umstände beinhalten. Die Hauptmissionen gliedern sich in drei Arten: Action-Missionen bei denen ihr u.a. Orte aufsuchen, Items holen, Monster plätten und/oder NPCs aufsuchen müsst; Sabotage-Missionen, bei denen man stellenweise ohne Waffen sehr vorsichtig und diskret agieren muss; zuletzt die Untersuchungsmissionen die intensive Nachforschungen auch außerhalb des Spiels erfordern und bei dem man mit offenen Augen durch die Spielewelt gehen muss, um wichtige Hinweise nicht zu übersehen. Dungeon-Missionen sind eine der größten Herausforderungen, die ohne Teamwork und/oder alleine nahezu unmöglich zu schaffen sind. Objektmissionen sind in den jeweiligen Gebieten verteilt, es lassen sich hiervon zudem 3 gleichzeitig aktivieren. Diese Missionen erfordern meist das Beschaffen mehrerer Gegenstände, oft auch das Erledigen einer bestimmten Anzahl an Monstern. Die Missionen und die Storyinszenierung sollten für lange Zeit Unterhaltung bieten, wenn man sich auf das Spiel einlassen kann.


Nvrmr und ich in der fraktionstypischen Uniform in der Zwischenwelt Agartha


Von links nach rechts unsere Truppe: sansimilia (eine Eule), Lindwurm (ich) und Taktak (alias nvrmr)


Ob Alleskönner oder Spezialist, am Kräfterad kann man sich austoben… die notwendigen Punkte vorausgesetzt


Fraktionsspezifische Decks als Empfehlung erleichtern die Orientierung ein wenig, besser ist es aber, seine Fähigkeiten seinem Spielstil anzupassen

Kommen wir zu dem, was ein MMO eigentlich auch ausmacht: das Spiel in der Gruppe. War mir in der Beta ein Charakter mit Fernkampffertigkeiten noch am liebsten gewesen (Elementar und Assault Rifle), habe ich nach Release später auf Nah-/Fernkampf (Cchwert und Elementar) umgesattelt, nur um dann in unserer momentanen Gruppe später die Rolle des Tanks zu bekommen und folglich auf Schwert und Chaos umgesattelt. Das war eine Sache, mit der ich mich nie anfreunden wollte: diese strikte Rollenaufteilung. Die offene Charakterentwicklung ermöglicht allerdings eine Umspezialisierung mit vergleichsweise geringem Aufwand, da man sich einfach nicht verskillen kann (nicht vergessen, jeder Charakter kann ALLE Fähigkeiten erlernen) und es dann nur noch auf die Ausrüstung ankommt, inwieweit man mehr Schaden austeilt oder mehr Schaden einstecken kann. Ein wenig Vorausplanung schadet nicht, zumal das Erlernen der Fähigkeiten nicht besonders übersichtlich scheint, aber nach ein paar Stunden kommt man dahinter, wie man sich den Charakter so entwickelt, wie man selbst gerne spielen will.

Eine Vorstellung, von der ich schnell Abschied nehmen musste, war meine Vermutung, dass man problemlos mit Spielern nebenher spielen kann, die ihre Charaktere deutlich weiter entwickelt haben. Da aber die Waffenfertigkeit, die eigene Ausrüstung und gelernte Fähigkeiten ausschlaggebend für das Überleben in Gebieten mit stärkeren Monstern ist, stößt man ziemlich schnell an die Grenzen. Es führt kein Weg an einer ordentlichen Charakterentwicklung vorbei (ja, ich weigere mich das Wort „leveln“ für ein Spiel zu verwenden, in dem es keine Charakterlevel gibt). Das gibt dem Spiel, wie ich finde, aber die notwendige Herausforderung um noch über längere Zeit interessant zu bleiben und Ansporn genug, Zeit und Arbeit in seinen Charakter zu investieren.


Durch das Absolvieren fraktionsspezifischer Quests und durch stetiges Sammeln von Erfahrungspunkten steigt man irgendwann im Rang immer weiter auf


Die richtige Spieltaktik und Übersicht über die Umgebung vorausgesetzt kann man auch alleine relativ weit spielen…


… aber die Action geht mit einer Gruppe befreundeter Spieler erst so richtig ab


Die Gruppendungeons sind stellenweise knifflig und erfordern speziell für die Bosse bestimmte Strategien


Eine klare Rollenverteilung (Damage, Tank, Healer usw.) hilft enorm, die Instanzen erfolgreich zu bestehen

Unterm Strich bleibt mir zu sagen, dass nach der stellenweise sehr verbuggten Beta-Phase, der Einstieg in das „finale“ Spiel sehr gut lief und Funcom sehr schnell Fehler beseitigt. Wartungszeiten werden im Spiel und über die Website sowie Social Media Kanäle bekanntgegeben. Trotzdem ist das Spiel noch davon entfernt, „final“ zu sein. Monatlich wird das Spiel auch um Inhalte und Quests erweitert, so dass man über längere Zeit viel zu tun bekommen dürfte. Eine berechtigte Frage stellt sich nach dem Endcontent für die Spieler, die wirklich alles im Spiel erreicht haben. Das wird aber noch eine ganze Weile dauern.

Ich bin MMORPGs eigentlich immer größtenteils fern geblieben. Ein Grund mag sein, dass die Cousins meiner Exfreundin ein bestimmtes MMORPG von Blizzard bis zum sozialen Kollaps hin gesuchtet haben und mir auch jetzt noch als sehr abschreckendes Beispiel dienen. Meine früheren Ausflüge in „Ragnarök Online“ zählen nicht, da ich das damals für kurze Zeit auf einem P-Server gespielt habe. Generischem Free-to-Play Gelumpe aus Asien/Europa mit dem zehntausendsten Anime-Optik-Aufguss bin ich ferngeblieben. „Priston Tale“ habe ich mal während der Open-Beta einen Versuch gegeben, bevor es Pay-to-Play wurde. Dann ging mir halt das ewige ausgelutschte Fantasy-Spektakel mit allem, was die High Fantasy so an Orks, Elfen, Zwergen etc. zu bieten hat, ziemlich auf den Geist. „The Secret World“ ist unter anderem inspiriert von Lovecraft und King, wobei die Vorlage weniger als Ideenanstoss gilt sondern oft genug regelrecht zitiert wird. Das Setting und die direkte Art des Spiels spricht mich in jedem Fall an, andere Spieler dürften mit diesem Fokus auf die Story eher Probleme haben. Das Spiel gefällt nicht jedem, das will es meiner Meinung nach aber auch gar nicht. Es spricht genau die Spieler an, die gerne und viel lesen und sich mit solchen Storys und Mythen auskennen oder sich zumindest dafür interessieren. Man kann weite Teile des Spiels alleine spielen, mehr Spaß hat man allerdings in einer Gruppe von Spielern, die sich untereinander kennen und mit denen sich durch die Gebiete, Missionen und Monster schlägt. Die Möglichkeit, seinen Charakter frei zu entwickeln, das Auslassen von Leveln und Klassen und die offene, fantastische Spielwelt sind das, was mich an diesem Spiel fasziniert. Dazu eine bisher fantastische Community und die Aussicht auf viele Monate mit Zusatzcontent. Mit „The Secret World“ habe ich das MMORPG lieben gelernt, auch wenn ich bezweifle, dass ich neben diesem speziellen MMORPG überhaupt jemals ein anderes spielen würde…

Mit Sicherheit habe ich nicht alles aufgeführt, was das Spiel ausmacht. Auch um größere Spoiler zu vermeiden, weil das Spiel laufend erweitert wird und generell weil ich auch schon in einem früheren Artikel auf das Spiel eingegangen bin. Leider gibt es bis jetzt keine öffentlich zugängliche Trial-Version. Wer interesse an den Spiel hat, aber erstmal probespielen möchte, dem kann ich anbieten, das Spiel mit einem Friendkey auszuprobieren, der euch für 24 Stunden nach dem ersten Einloggen Zugang zum Spiel gewährt. Ich habe nur einen Friendkey, daher bei Interesse, bitte Kommentar schreiben oder über das Kontaktformular anfragen.

– Name und Systeme:
The Secret World (PC)

– Spieleranzahl:
bis der Server platzt!

– Mehrkosten:
– monatliche Spielgebühren von ca. 15€, Preisnachlässe bei viertel-, halb- und jährlicher Bündelung bis zu insg. 15 Prozent
– Funcom-Punkte für Käufe im Item-Store separat zu erwerben, 600 Funcom-Punkte entsprechen 5€, keine Rabattierung bei Einkauf von größeren Punkte-Paketen (600, 1200, 2400, 3600, 6000, 9000)
– Account-Upgrades zu ca. 15€, 60€ und 200€ für Privilegien und Items + Kleidung vorhanden (im 200€ teuren „Grand Master Package“ ist ein Lifetime-Account enthalten)
– ein zusätzlicher Charakterslot (anfangs drei verfügbar) zu jeweils ca. 10€
– zahlbar per Bankeinzug, Kreditkarte oder paypal (es gibt bis jetzt KEINE Gametime-Cards)

– gelungen:
Story, Inszenierung, NPC-Integrierung in die Spielewelt, offene Charakterentwicklung, Großteil aller Missionen auch alleine machbar, Gruppendungeons mit interessanten Bosskämpfen

– weniger/nicht gelungen:
Hardwareanforderungen evtl. ein bisschen zu hoch, Gebührenmodell zu komplex

– hätte besser sein können:
Schwierigkeitsgrad bei einigen Solo-Instanzen unausgewogen, einige Quests noch verbuggt, PvP-Areas noch zu unausgeglichen bei Anzahl und Stärke der Spieler je Fraktion

– Kaufempfehlung für:
MMO-Freunde die keinen Bock mehr auf das ausgelutschte Trollzwergenelfenfantasy-Gekloppe der Marke „World of Langeweile“ haben, Fantasy und Horror-Fans, Leseratten, Spieler die nach guten Storys suchen und nicht jeden Text und jede Cutscene überspringen, eingespielte Gruppen von Spielern, Cthulhu und seine Sternengezüchte

Bitte beachten!
Dieses Spielereview unterliegt ausschließlich meiner persönlichen Betrachtungsweise und ist zu keinem Zeitpunkt dem Leser Objektivität schuldig. Die Eindrücke und Erfahrungen während des Spielens können, abhängig vom Gemütszustand der spielenden Personen, Fanboyallüren, verwendeter Technik und anderen ggfs. relevanten Faktoren stellenweise erheblich variieren. Dieser Artikel stellt keine Werbung im eigentlichen Sinne dar, sondern spiegelt lediglich meine eigene Betrachtung des Spiels wieder. Das Lesen dieses Artikels ist für alle Altersgruppen gestattet, für den Erwerb des Spiels gelten die jeweils gültigen nationalen Jugendschutzgesetze. Das hier ist kein normales Review, es ist eine Liebeserklärung. An Videospiele und ihre Spieler. An das eine Element in dem Spiel, das uns dazu bringt, Stunden um Stunden in dieses Hobby zu investieren und etwas dafür zurückzubekommen. Spiele sind kulturelle Bereicherung und Computer-/Videospiele sollten davon nicht ausgenommen sein.

Alle Bilder entstammen Screenshots, die ich aus dem Spiel erstellt habe. Unterschiede in der Darstellung ergeben sich durch die vorhandene Hardwarekonfiguration. Alle Logos, Darstellungen etc. gehören ihren jeweiligen Inhabern.