Review – Tetris DX

Vor einigen Tagen habe ich rein per Zufall von einem Trödelhändler ein wertvolles Kleinod entdeckt. Ein Spiel, aber nicht irgendeins. Es ist alt, aber trotzdem zeitlos. Zu einem Schnäppchenpreis, leider ohne Hülle oder Anleitung. Aber die sind bei diesem Spiel auch eigentlich komplett überflüssig. In Bezug auf die Artikelüberschrift „Tetris“ zu sagen wäre aber nur fast richtig.

Denn ich spreche hier von der Deluxe-Version für den GameBoy Color, „Tetris DX“.

Das Grundgerüst kennt jeder, und doch ist es die Art und Weise, wie es bei „Tetris DX“ geschehen ist, die diese Iteration des Kultpuzzles zeitlos fantastisch macht und jedes Mal auf neue den Spieler ermuntert, das Modul in den Schacht zu schieben und das System zu starten. Noch einmal den Highscore knacken, nur noch eine Runde…


4 Modi, drei Musikstücke, mehr braucht es nicht!

Im Gegensatz zum GameBoy Klassiker erstrahlt dieser hier dank dem GameBoy Color in Farbe und hat auch sonst unter der Haube einige Veränderungen. Neben dem klassischen Marathon (ehemals „A-Mode“) und 40 Lines (ehemals „B-Mode“) sind noch ein Versus-Mode gegen die CPU in verschiedenen Schwierigkeitsgraden und ein mit „Ultra“ betitelter Modus hinzugekommen. Bei letzterem gilt es, unter Zeitlimit soviele Punkte wie möglich zu erzielen. Je höher man den Schwierigkeitsgrad einstellt, desto schneller fallen die Blöcke nach unten. Selbstverständlich lässt sich das Spiel mit einem Link-Kabel auch gegen einen menschlichen Mitspieler spielen. Punkte gibt es nach wie vor für aufgelöste Blöcke und die Geschwindigkeit, mit der man die Blöcke zusätzlich nach unten bewegt. Dabei wird das Spiel natürlich mit der Zeit immer schneller, je mehr Reihen man auflöst. Das Ziel ist letztlich immer der Highscore. Stapeln sich die Blöcke bis ganz nach oben, dass der nächste erscheinende Block in die aufgetürmten Blöcke materialisiert, ist das Spiel zu Ende.


Das wird gleich Punkte hageln…

Was es besser macht, als der Vorgänger, ist nicht nur die verbesserte Darstellung (die meiner Meinung erst erst auf einem GameBoy Advance SP mit Displaybeleuchtung richtig zur Geltung kommt), sondern eine wesentlich verbesserte Spielbarkeit. Ich schiebe es auf die „ältere“ Technik, dass das Ur-Tetris auf dem GameBoy seine entscheidenden Mängel hatte. „Tetris“ auf dem GameBoy verfügte z. B. über keinen Batteriespeicher, mit dem Ausschalten des Systems waren also gleichzeitig alle erspielten Punkte verloren. „Tetris DX“ bietet nicht nur Batteriespeicher für Punkte und Bestzeiten, sondern auch bis zu drei Profile mit Namen plus ein Gastprofil. Die Musik ist zwar anders als im Vorgänger, aber nicht weniger passend. Sie unterstützt das Spielgefühl, indem bei einer bestimmten Bauhöhe eine schnellere und höhere Version der Musik gespielt wird, bis sie gegen Schluss weit oben nur noch einer hellhohen, unkenntlichen Melodie gleicht, die ein bisschen Panik erzeugt, gleichzeitig den Spielfluss aber nicht unterbricht und den Spieler nicht in seiner Konzentration stört.

Der wichtigste Punkt ist aber die um ein vielfaches verbesserte Steuerung, die es von seinem Vorgänger abhebt und mit seinen unzähligen Nachfolgern aufnehmen kann. Bedienungselemente der GameBoy Hardware waren und sind immer noch von herausragender Qualität und bei gerade diesem Spiel sind nicht nur Widerstände und Druckpunkte von Digikreuz und Buttons wichtig, sondern auch wie das Spiel darauf reagiert. War das „Tetris“ auf dem GameBoy noch schwerfällig und träge zu steuern, dass jeder Fehlgriff gerade auf höheren Geschwindigkeiten das unweigerliche Aus bedeuten musste, steuern sich die Blöcke in „Tetris DX“ so präzise, schnell und zuverlässig, dass Fehler nicht nur nicht der Steuerung angelastet werden können, sondern sie sich im Spielfluss auch wesentlich besser korrigieren lassen. Die Grafik ist Mittel zum Zweck, schnörkellos und rein praktisch. Was bei so einem Spiel niemals ein Fehler sein kann, transportiert sie doch die wesentlichen Informationen direkt zum Spieler ohne ihn zu irritieren oder abzulenken. Ich glaube, dass „Tetris DX“ nur noch von „Tetris DS“ auf dem Nintendo DS in Sachen Spielbarkeit, Wiederspielwert, Technik und Umfang übertroffen wurde, aber unter anderen und vielleicht moderneren Gesichtspunkten betrachtet werden muss.


Ermunterung an den Spieler, es nochmals zu versuchen? Mit Herzchen? Wo gibt es sowas denn bitte heute noch?

Bei kaum einem anderen Spiel sind Spielbarkeit, Darstellung und Spielumfang so perfekt auf einander abgestimmt wie bei „Tetris DX“. Die Wiederspielbarkeit ist grenzenlos, da es keinen eigentlichen Inhalt gibt, den man versuche muss abzuliefern. Der Inhalt bildet das Spielprinzip an sich und wird zu keinem Zeitpunkt zweckentfremdet. Das ist ein Kunststück, das nur noch die allerwenigsten Spiele beherrschen. Jedes Tetris-Spiel steht für sich und ist in sich gesehen vollendet. Ohne weitere Zugaben oder Lücken, die gefüllt werden müssten. Aber „Tetris DX“ ist das Spiel in dieser Reihe, welches besser ist, als der Vorgänger und viele seiner Nachfolger. Trotz seiner technischen Einschränkungen. Nahezu perfekt. Und damit das wahrscheinlich beste Tetris aller Zeiten…


Keine Archievement- oder Trophy-Metagame, die alleinige Belohnung ist der Highscore-Eintrag und ein paar kleine Animationen. Und befriedigt damit so sehr wie kaum ein anderes Spiel.

– Name und Systeme:
Tetris DX (GameBoy Color / Modul abwärtskompatibel zu GameBoy [pocket] und Super GameBoy, aufwärtskompatibel zu GameBoy Advance [SP])

– Spieleranzahl:
1-2 Spieler

– Mehrkosten:
keine

– gelungen:
Steuerung, Spielprinzip, Wiederspielbarkeit, Umfang

– weniger/nicht gelungen:
Farbe in seltenen Fällen ein bisschen zu grelle

– hätte besser sein können:
Originalmelodien des Vorgängers wären auch toll gewesen

– Kaufempfehlung für:
Tetris-Fans und generell jeder, der noch einen GameBoy besitzt

Bitte beachten!
Dieses Spielereview unterliegt ausschließlich meiner persönlichen Betrachtungsweise und ist zu keinem Zeitpunkt dem Leser Objektivität schuldig. Die Eindrücke und Erfahrungen während des Spielens können, abhängig vom Gemütszustand der spielenden Personen, Fanboyallüren, verwendeter Technik und anderen ggfs. relevanten Faktoren stellenweise erheblich variieren. Dieser Artikel stellt keine Werbung im eigentlichen Sinne dar, sondern spiegelt lediglich meine eigene Betrachtung des Spiels wieder. Das Lesen dieses Artikels ist für alle Altersgruppen gestattet, für den Erwerb des Spiels gelten die jeweils gültigen nationalen Jugendschutzgesetze. Das hier ist kein normales Review, es ist eine Liebeserklärung. An Videospiele und ihre Spieler. An das eine Element in dem Spiel, das uns dazu bringt, Stunden um Stunden in dieses Hobby zu investieren und etwas dafür zurückzubekommen. Spiele sind kulturelle Bereicherung und Computer-/Videospiele sollten davon nicht ausgenommen sein.

Alle Bilder entstammen Screenshots aus dem Spiel (Emulation). Alle Logos, Darstellungen etc. gehören ihren jeweiligen Inhabern.