Review – [Prototype] + [Prototype 2]

*seufz*

Okay, wie fange ich diesen Artikel am besten an? Ich sage mal, der Release von „Prototype 2“ hat mich dazu veranlasst, endlich mal wieder den ersten Teil hervorzukramen und in meine Xbox 360 einzulegen. Und zu schnell stellte sich Ernüchterung ein. Und während der zweite Teil zumindest einiges verbessert, stehe ich bald vor demselben Problem wie schon beim Vorgänger.

Nämlich die Frage, warum es nicht viel mehr ist, als ein Open World Geschnetzel mit dem Versuch einer großen Story.

Aber erstmal der Vorgänger. Immerhin hat man es damals noch vermieden, ein Spiel mit DLC zu überhäufen und das Ding mehr oder weniger häppchenweise erst Monate nach dem Spielerelease zu komplettieren. In New York kommt Alex Mercer in Kontakt mit dem vom Pharmaunternehmen Gentek entwickelten Blacklight-Virus. Unter Amnesie wacht er in einem Labor auf und entkommt, um später festzustellen, dass der Virus ihn verändert hat. Er weiss nicht, was mit ihm passiert ist, noch kann er sich an das erinenrn, was vor seiner Infektion passiert ist. Ihm wachsen nun Klingen aus dem Körper, er kann übermenschlich schnell rennen, hoch springen, Hochhausfassaden emporlaufen, andere Menschen in sich aufnehmen und durch die Luft gleiten. In einem Open-World-Manhattan versucht ihr nun herauszufinden, was in der Vergangenheit passiert ist, welche Auswirkungen das Virus noch hat und wer in diese Sache alles verstrickt ist. Nach und nach enthüllt sich eine riesige Verschwörung und die Infektion des Virus breitet sich rasant aus.

Erinnert ihr euch noch an das äußerst gelungene „Spider-man 2“ auf der alten Xbox? Nun, ihr habt eine ähnliche Bewegungsfreiheit. Euch steht die ganze Stadt offen, aber vielleicht wollt ihr nicht direkt die krassesten Auseinandersetzungen suchen. Mit Aufgaben und Missionen sowie durch Beseitigen der Gegner erhaltet ihr Erfahrungspunkte, diese könnt ihr Sammeln und nach und nach in Updates für eure Fähigkeiten investieren. Und das wollt ihr, denn mit fortschreitendem Spielverlauf serden eure Auseinandersetzungen mit Infizierten, Monstern und Militär zunehmend heftiger. Bis ihr die in der Einführungssequenz spielbare allmächtige Killermaschine seid, vergeht sehr viel Zeit. Immerhin zwingt euch das Spiel nicht, die Nebenmissionen (die stets unter Zeitdruck zu laufen scheinen) alle machen zu müssen, um euch an die Spitze der Evolution zu leveln, sondern könnt auch gezielt Konfrontationen mit den Gegnern suchen und euch diverse Exemplare einverleiben, um euch zu verbessern.

Aber meistens ist eher Vorsicht angesagt, wobei es den Passanten kaum was auszumachen scheint, dass ihr plötzlich Wände hochrennen könnt. Nur vor den Augen des Militärs könnte es Probleme geben, wenn ihr euch plötzlich einen Gegner oder Zivilisten mal eben so einverleibt. Und in der ganzen Action hat man eh meistens die ganzen Button-Combos nicht mehr im Kopf, die zu jener oder jener Attacke führen. Wenn ich Combos auswendig lernen will, spiele ich „Street Fighter“, aber keinen Open World Titel. Und je schneller ihr werdet, umso chaotischer wird das, was sich da auf dem Bildschirm abspielt. Anvisieren von Gegnern ist ein Graus, das System scheint immer nach Gutdünken den bedrohlichsten Gegner zu markieren. Schade, dass es 8 von 10 Fällen der weit entfernte Panzer ist, anstatt der Hunter der einen gerade von nächster Nähe zu Hackfleisch verarbeiten will. Die Story ist zwar gut, verteilt sich aber viel zu spärlich auf die Mission-Briefings vor den storyrelevanten-Hauptmissionen und die gelegentlichen Erinnerungen des „Web of Intrigue“, die man von Passanten absorbiert (und die man auch erstmal finden muss). Nach längerer Pause hilft einem die Anleitung kaum weiter, da nur wenig von der Steuerung erklärt wird und später auftauchende Elemente des Kampfes nicht mal ansatzweise behandelt werden.

Die stocksteif anmutenden Passanten machen nicht den Eindruck einer lebendigen Stadt und anfangs ist man noch in einer panischen Menge geneigt, so wenig Zivilisten wie möglich in das Gemetzel hineinzuziehen. Tut man es doch, darf man keinerlei moralische Konsequenzen erwarten. Der Wert eines Zivilisten drückt sich am Ende eines Gefechts in einer Zahl der „Civilian Casulties“ aus, mehr nicht. Ob ihr nun von Truppen verfolgt werdet oder nicht, hängt eher damit zusammen, ob ihr Zivilisten vor den Augen der Armee tötet. Man verliert schnell das Verhältnis zu dem, was man da gerade mit seinen übermenschlichen Fähigkeiten „zerledigt“ und man es lediglich daran festmachen kann, ob es sich beim Töten wehrt oder nicht. Ist Alex Mercer lediglich ein skrupelloser Massenmörder mit übermenschlichen Kräften, oder ein unschuldiges Opfer einer Verschwörung? Die Frage bleibt bis zuletzt offen und wird nicht gänzlich beantwortet. Leider.


Eine Stadt geht vor die Hunde…

Warum ich hier nur so wenig über „Prototype“ schreibe? Weil Wortstreckungen, verschachtelte Nebensätze und allerlei Ausführung nicht mehr darüber hinwegtäuschen können, dass das Spiel nur relativ wenig auf der Pfanne hat. Hier bleibt ein solider Action-Titel, der zwar an vielen Stellen ordentlich Laune macht, aber aus dem man noch einiges mehr hätte machen können. Schade eigentlich.

– Name und Systeme:
Prototype (Xbox 360, PlayStation 3, PC)

– Spieleranzahl:
1

– Mehrkosten:
keine

– gelungen:
Gameplay, Freiheitsgefühl beim Spielen, Schnetzelfaktor

– weniger/nicht gelungen:
Kämpfe oft zu chaotisch, Grafik

– hätte besser sein können:
Steuerung stellenweise zu kompliziert, in dem Kämpfen mitunter frustige Momente, zu viele Zeitlimits in den Nebenmissionen, keinerlei moralische Wertung

– Kaufempfehlung für:
Action-Fans, Freunde von Open World Szenarios, Freunde von Antihelden

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Der Nachfolger „Prototype 2“ will alles besser machen. Und tatsächlich scheint man sich durchaus der Kritik am Vorgänger angenommen zu haben. Es ist einige Zeit vergangen. Das Blacklight-Virus wütet und hat bereits eine Großstadt und viele tausende Menschenleben auf dem Gewissen. Die Insel Manhattan ist verbotenes Land, eine vom Militär deklarierte „Red Zone“. Das Virus hat den Bezirk vollkommen unter Kontrolle, er ist quasi Hölle auf Erden. Die „Yellow Zone“ ist ein Bereich, der von der ständigen Angst durch die Virusbedrohung gezeichnet ist. Es herrschen Misstrauen gegenüber dem Militär und zunehmende Verwahrlosung. Nur die „Green Zone“ scheint ein sicherer Hafen zu sein, aber auch hier trügt der Schein. Das Militär, allen voran die skrupellose Elite-Truppe „Blackwatch“ die mit der Firma Gentek zusammenarbeitet, die den Virus erfunden haben. Der Polizist James Heller verlor seine Familie während der Story von „Prototype“ durch den Ausbruch des Virus und den darauf folgenden Angriff infizierter Bürger. Er macht Alex Mercer dafür verantwortlich, der als übermächtiges Wesen über die Infizierten zu herrschen scheint. Der Protagonist und Antiheld des Vorgängers wird damit gewissermaßen zur Feindfigur. Bei einer Konfrontation infiziert Alex Mercer Protagonisten James mit seinem Virus und nun erlangt er dieselben Kräfte und Fähigkeiten wie sein erklärter Todfeind.


Alex Mercer: Dein Feind… und dein Retter?

Gameplaytechnisch scheint soweit alles identisch. Ihr arbeitet eure Storymissionen ab und engagiert euch zwischenzeitlich in verschiedenen optionalen Aufgaben und Herausforderungen, die euch Verbesserungen und Erfahrungspunkte verschaffen. Das Gameplay an sich wurde deutlich verbessert. So habt ihr nun mehr Kontrolle über die Kämpfe und könnt endlich Angriffen ausweichen. Ihr werdet also bei weitem nicht mehr so oft in Situationen geraten, bei denen ihr von allen Seiten eingekesselt verzweifelt und buttonhämmernd um euer Überleben kämpfen müsst. Das Emporlaufen von Gebäuden ist einfacher geworden und insgesamt lässt sich James um einiges besser steuern als sein infizierter Vorgänger. Die Kräfte werden insgesamt sinnvoller in das Gameplay involviert und offenbaren einige krative Möglichkeiten zur Feindbekämpfung (plückt einfach das Geschütz vom Panzer und schießt/schlagt damit um euch oder verpasst einem Helikopter einfach mal einen derben Uppercut mit eurer Rechten). Der Sonar erspart euch das mühselige Suchen nach wichtigen Personen und Zielen inmitten von Häuserblocks und Menschenmassen. War der brutale und direkte Weg im Vorgänger noch eine reelle Option, wenngleich auch ungemeint knifflig, so belohnt „Prototype 2“ auch vorsichtige und schleichende Spieler, die so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen wollen. Was schon ziemlich beeindruckend ist, ist die generelle Atmosphäre. Gerade in der Yellow Zone verändert sich das Verhalten der Leute euch gegenüber, sobald ihr in der Haut eines Soldaten schlüpft. Überhaupt scheint alles detaillierter und lebendiger zu sein und sorgt je nach eurem Aufenthaltsort für eine spezielle Stimmung. Nun ja, das heisst, solange ihr nicht gerade von deinem Hochhausdach zum nächsten schwingt.


Fly like an eagle, into the madness…

Leider muss ich sagen, so interessant die Idee mit James Heller als Hauptfigur ist, so belanglos wurde sie umgesetzt. War der Antrieb im Vorgänger noch die Amnesie von Protagonist Alex Mercer mit der Wusnch nach Wahrheit, so stuzt man es auf das Rachemotiv zurecht. Das Netz der Verschwörung spielt auch hier wieder eine Rolle, steht aber eigentlich im Hintergrund. Die Hauptstory wird so vorangetrieben wie im Vorgänger auch: alleine durch die storyrelevanten Hauptmissionen kommt ihr im Spiel „weiter“, der Rest ist optional und wirkt zu vernachlässigbar. Leider tragen die //BLACKNET Missionen auch nicht mehr dazu bei, eigentlich ist es nur eine andere Form der Auftragerteilung als noch im Vorgänger (Prototype 1: Erreiche Punkt x uf der Karte und starte Mission / Prototype 2: Besorge dir eine Militär-Identität und gehe an einen entsprechenden Terminalstandort und starte die Mission). Wenigstens diesmal mit weniger Zeitlimits. Ein kleiner Anfang. Die Gegnerische KI wurde aufgewertet, wenn auch nur geringfügig. Vorsichtige Schleichkünstler werden weniger Probleme haben, wenn sie speziell bei Infiltrierungsmissionen vorsichtig vorgehen, Actionjunkies werden sich anfangs aber noch einen Satz heiße Ohren einhandeln. Erwartet trotzdem aber kein „Splinter Cell“, das Spiel bleibt zu jedem Zeitpunkt seiner Wurzel treu.


Dem Vogel solltest du besser schnell seine Flügel stutzen.

Warum ich „Prototype“ zusammen mit „Prototype 2“ in einen Topf werfe? Nun, sagen wir mal so. Der Entwickler hat zwar an den Kritikpunkten des Vorgängers gearbeitet, aber trotz gut inszenierter Zwischensequenzen und besserer Steuerung bleibt der Wust aus Upgrade-Optionen und der Mangel an echter Story-Interaktivität ein bisschen schwer hängen. Das soll nicht heissen, dass „Prototype 2“ ein schlechtes Spiel ist. Es unterhält über einen Großteil der Zeit, auch wenn man manchmal als Spieler nicht wirklich weiss, warum man es eigentlich spielt. Geschnetzel ist okay, aber es sollte nie selbstzweckhaft werden. Der Vorgänger wurde indiziert, der zweite Teil kommt mit leichten Anpassugnen daher, bleibt im Schnitt aber dennoch recht deftig vom Gewaltgrad her. Es gibt solide Action-Spiele, die sich auch nicht über den Grad an Gewalt definieren müssen. „Prototype 2“ bleibt der Aufstieg in den Olymp dieser Spiele leider verwehrt, bietet aber einmal mehr die Möglichkeiten, das Grundgerüst aufzubauen und zu erweitern. Wenn „Prototype“ ein Test war und „Prototype 2“ eine Fingerübung, dann stehen die Chancen auf wirkliche Neuerungen und spielerische Tiefe im dritten Teil, sollte er denn entwickelt werden, sehr gut. Ihre Kritikfähigkeit haben die Macher bewiesen, jetzt geht es darum, aus der Kritik beider Teile das beste zu machen.


Hau…Ruck!

Bleibt mir nur noch an Radical Entertainment zu sagen: „Solider Job, aber es geht noch viel besser!“ Für einen Nachfolger würde ich mir persönlich weniger Upgrade-Wahnsinn und mehr Story-Fundament wünschen. Wie stehen die Chancen auf ein Prequel?

– Name und Systeme:
Prototype 2 (Xbox 360, PlayStation 3, PC)

– Spieleranzahl:
1

– Mehrkosten:
in absehbarer Zeit mehrere erscheinende DLC, Preise sind momentan nicht abzusehen

– gelungen:
Gameplay, Steuerung, Atmosphäre, Grafik, Freiheitsgefühl

– weniger/nicht gelungen:
Story kommt eigentlich immer noch zu kurz, unübersichtliche Charakterentwicklung

– hätte besser sein können:
Upgradewahnsinn im Gameplay zu umfangreich, Rache-Story motiviert kaum

– Kaufempfehlung für:
Action-Fans, Fans des ersten Teils, alle die ein Spiel mit der Bewegungsfreiheit eines „Spiderman 2“ wieder spielen wollen

Bitte beachten!
Dieses Spielereview unterliegt ausschließlich meiner persönlichen Betrachtungsweise und ist zu keinem Zeitpunkt dem Leser Objektivität schuldig. Die Eindrücke und Erfahrungen während des Spielens können, abhängig vom Gemütszustand der spielenden Personen, Fanboyallüren, verwendeter Technik und anderen ggfs. relevanten Faktoren stellenweise erheblich variieren. Dieser Artikel stellt keine Werbung im eigentlichen Sinne dar, sondern spiegelt lediglich meine eigene Betrachtung des Spiels wieder. Das Lesen dieses Artikels ist für alle Altersgruppen gestattet, für den Erwerb des Spiels gelten die jeweils gültigen nationalen Jugendschutzgesetze.

Das hier ist kein normales Review, es ist eine Liebeserklärung. An Videospiele und ihre Spieler. An das eine Element in dem Spiel, das uns dazu bringt, Stunden um Stunden in dieses Hobby zu investieren und etwas dafür zurückzubekommen. Spiele sind kulturelle Bereicherung und Computer-/Videospiele sollten davon nicht ausgenommen sein.

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