Review – Portal 2 (feat. Sevie)

Singleplayer durch, Coop durch. Zeit also für mein Fazit.

Im Gegenzug zu jährlichen Updates bestehender Spielfranchises hat Valve hier etwas vollbracht, was nur wenigen aus der Branche glückt.

Nämlich ein Sequel zu erschaffen, das Geist, Essenz und Würze des Vorgänger beinhaltet, behutsam verfeinert, mit Neuem anreichert und es zu einem unvergesslichen Erlebnis macht.

In diesem Sinne: herzlich willkommen zu diesem Review, das ohne die tatkräftige Hilfe von Sevie wohl niemals zustande gekommen wäre. Das Prinzip ist nämlich erneut, Spiele nochmals rückwirrend zu betrachtet, die von mir mindestens in ihrer Gänze gespielt worden sind. Was aber beim Mehrspielermodus ein wenig schwieriger sein sollte. In Ermangelung an Mitspielern, die sowohl eine Xbox 360 als auch „Portal 2“ ihr Eigen nennen, war es (ich möchte es mal so nennen) eine Fügung des Schicksals, dass Sevie sich vor kurzem beides zugelegt hat. Aber zunächst mal zum Singleplayer-Modus.

Ausgangssituation wie folgt. Die stumme Protagonistin Chell befindet sich (immer noch) innerhalb der Aperture Science Anlage in einem Schlafzimmer. Durch eine Verkettung seltsamer Umstände gelingt ihr eine etwas spontan geplante Flucht samt „Andockmanöver“ des Schlafzimmers an einer Wand. Als euer Retter und Begleiter fungiert anfangs der Personality Core „Wheatley“, als leitende Stimme vorerst eine unbekannte Computerstimme aus dem Hintergrund, die euch zu den altbekannten Test anleitet. Und ziemlich kurze Zeit später seid ihr auch wieder einmal in Besitz des Aperture Science Handheld Portal Device.

Das Prinzip von Portal sollte mittlerweile jedem bekannt sein, daher bietet der Nachfolger in der Anfangszeit noch ziemlich wenig Neues. Ihr werdet wieder in die Steuerung eingeführt und mit dem Prinzip der Portale vertraut gemacht. Gut für jene, die den ersten Teil noch nicht auf dem Kerbholz haben. Kenner sind jedoch ziemlich fix mit den ersten Tests durch und lechzen bald nach mehr. Gut, dass GLaDOS, ihres Zeichens tendenziell zynisch-bösartige künstliche Intelligenz mit einer Vorliebe für Beleidigungen und Verwirrspielchen aller Art, wieder mit von der Partie ist. Zur Story sei hier nichts verraten, möchte niemanden unnötig spoilern und sage nur, dass die Story besser ist, als es zunächst den Anschein hat. Immer mal wieder bekommt ihr den einen oder anderen Blick hinter die Kulissen (auch wortwörtlich, ihr haltet euch nicht nur in den sterilen Testumgebungen auf) und auch über die Geschichte von Aperture Science.

Eine „Portal Gun“, Geschütztürme, Plattformen, Schalter und gewichtete Begleiterkuben sind aber nicht länger die einzigen Zutaten. Traktorstrahlen, die Gegenstände schwerelos transportieren, Laserstrahlen und Lichtsensoren, Katapulte, Brücken aus Licht und nicht zuletzt die insgesamt drei Gele, die die Oberflächenbeschaffenheit für Bewegungen und Portale verändern. Die Steuerung ist ebenfalls einfach gehalten, zwei Auslöser für jeweils ein Portal, einer zum Springen und einer zum Einsetzen oder Nehmen von Gegenständen. Soviel also zum Grundgerüst des Spiels, das stundenlangen Spaß garantieren soll.

Was wieder herausragend gelungen ist, ist der Humor, wie so oft transportiert über die Sprüche und Kommentare der „Personen“ im Spiel. GLaDOS zynischer Humor ist bissig und witzig wie eh und je und der tendenziell chaotische Wheatley ist einfach nur göttlich. Die deutschen Sprecher machen ihre Arbeit ganz gut, aber wer des Englischen mächtig ist, schaltet unbedingt den englischen Originalton ein (und verzichtet nach Möglichkeit auf die Untertitel). Es ist beispiellos, mit wie viel Liebe dieses Spiel synchronisiert worden ist. Die Stimmen von GLaDOS, Wheatley und Co. leisten ganze Arbeit und bringen euch immer mal wieder zum Lachen.

Die Komplexität der Rätsel nimmt im weiteren Verlauf immer weiter zu, ohne dabei unfair zu wirken. Nach einiger Grübelei kommt man eigentlich immer auf die Lösung, und das Gefühl, das Rätsel ganz alleine geschafft zu haben ist ein verdammt befriedigendes Gefühl. Auch wenn an einigen Stellen kritisiert wird, dass eine Hilfe-Funktion nötig wäre, empfinde ich, dass eine solche Funktion das Spiel kaputt machen würde. Das Ende im Singleplayer kommt deutlich später als man befürchtet, aber leider früher als man danach denken möchte. Trotz des grandiosen Finales… es bleibt ein Hunger, ein Hunger nach mehr. Und um diesen zu stillen, hat Valve etwas getan, was die Messlatte jetzt und in Zukunft ein ganzes Stück höher legt.

Der Coop-Modus in „Portal 2“ ist, nüchtern und objektiv betrachtet, ein Meisterwerk. Als Roboter Atlas und P-body müssen zwei Spieler die Tests von GLaDOS absolvieren. Diese sind prinzipiell so angelegt, dass diese nur durch die Zusammenarbeit von zwei Spielern gelöst werden können. Entweder per Splitscreen, über System Link (zwei per LAN-Kabel verbundene Xbox 360 Konsolen) oder Xbox LIVE wird der Coop-Modus ausgeführt. Nach einer kurzen Kalibrierungsstrecke, die beide Spieler in das kooperative Spielerlebnis samt Steuerung einführen, geht es zur Sache. Der Coop-Modus ist in insg. 5 Testabschnitte unterteilt, die jeweils aus mehreren Teststrecken bestehen und in denen alle Rätselelemente bzw. Hilfsmittel des Singleplayer-Modus auftauchen werden.

Den Coop-Modus habe ich zusammen mit Sevie bestritten. Was mir anfangs besonders gut gefallen hat, da die Kommunikation über das Xbox LIVE Headset ein wenig fehleranfällig war, war die Möglichkeit des Hervorhebens von Flächen und Objekten über das sog. „Ping-Tool“. Die ausführbaren Gesten (und die lustigen Kommentare von GLaDOS dazu) sorgen auch für ein gelungenes Coop-Erlebnis, selbst wenn die Sprachbarriere zwischen Spielern verschiedener Nationalität eine normale Kommunikation normalerweise erheblich behindern würde. Sprachliche Kommunikation und Absprache ist aber alles in diesem Modus, wo Aktionen und Portale entsprechend getimt werden müssen. In unserem Fall haben wir auf Skype als Kommunikationsweg zurückgegriffen, um die Kommunikation so optimal wie möglich zu gestalten. Die Puzzle waren so gestaltet, dass entweder Sevie oder ich schneller auf die Lösung kamen. Kniffligere Stellen wurden nur bedingt frustig, nach einiger Überlegung kommt man eigentlich immer auf die Lösung. Und speziell im Team finde ich, ist das befriedigende Gefühl, es geschafft zu haben, noch um einiges besser als im Einzelspielermodus. Gefahren gibt es immer noch genug, im Falle des Ablebens des Spielers werden diese wieder an den Anfang der jeweiligen Strecke zurückgesetzt. Es wird aber nie zu schwer oder unfair, die knackigen Rätsel bleiben über die gesamte Strecke hin motivierend. Der Coop-Modus ist das, was „Portal 2“ meiner Meinung nach die goldene Krone aufsetzt. Ein Multiplayer-Modus, der Zusammenarbeit auf einem Niveau verlangt, dass es für zukünftige Coop-Modi durchaus als Maßstab herhalten kann. Mit dem/der richtigen Coop-Partner(in) kann man für Stunden gemeinsam die anspruchsvollen Aufgaben von GLaDOS lösen.

Ein hervorragender Humor und das intelligente Gameplay entwickeln den Überraschungshit „Portal“ weiter und verbessern es in jeglicher Hinsicht. Kenner des Vorgängers kommen vielleicht schneller in die Rätsel rein, trotzdem wird es eigentlich nicht langweilig, denn vor allem die Spielereien mit der Portal Gun und der zusätzlichen Elemente sorgen für eine ganze Menge Spielspaß. Nach dem Einzelspielermodus war es da: das Gefühl, mit dem Spiel durch zu sein. Und trotzdem fehlte was. Lediglich die Erfolge, die zum weiteren Spielen animieren sollen, sollten reichen, den Kauf zu rechtfertigen? Während der Einzelspielermodus mit seinen neuen Puzzleelementen Hunger auf mehr macht, ist der Coop-Modus da, genau diesen Hunger zu stillen. Einzelspieler und Coop-Modus ergänzen sich zu dem Gesamtwerk, was als „Portal 2“ in den Läden steht. Die Aussicht auf weitere Inhalte zur Erweiterung des Spiels lässt mir schon das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Grafik und Sound sind über alle Zweifel erhaben. Ihr werden keine hochkomplexen Partikeleffekte oder wuchtigste Explosionen erleben, aber eine Atmosphäre die an einigen Stellen wirklich zum Schneiden dicht ist. Die musikalische Untermalung ist hervorragend, die Stücke fügen sich gut in das Bild ein, ohne zu stören oder den Rest des Spiels irgendwie zu überdecken. Auf dem Gamepad lässt es sich, wie erwartet, hervorragend steuern. Für Besitzer von alten 4:3 Röhrenfernsehern habe ich die frohe Botschaft, dass „Portal 2“ nicht wie bei einigen anderen Titel heutzutage mit der Letterbox (schwarze Balken oben und unten) unnötig auf das Format 16:9 verkleinert, sondern auch auf älteren Geräten eine hervorragende Figur in vollem 4:3 Bildformat abgibt. Alle im Spiel vorkommenden für den Spieler bestimmten Texte sind hervorragend lesbar.

Was bleibt zu sagen? Nur das offensichtliche: „Portal 2“ ist ein äußerst gelungener Nachfolger, der das Spielprinzip des Vorgängers überflügelt, mit einer guten Story und noch besserem Humor aufwertet und mit seinem Multiplayer-Modus neue Maßstäbe setzt. Definitiv mein Kandidat für mein Spiel des Jahres 2011.

Im Anschluss (und nicht minder wichtiger als der Rest meines Beitrags) möchte ich noch gerne auf Sevies Artikel zum Spiel „Portal 2“ verweisen, der in jedem Fall lesenswert ist. Ich danke an dieser Stelle nochmals herzlich für die gemeinsame Coop-Session und hoffe auf eine baldige Wiederholung an geeigneter Stelle.

– Name und Systeme:
Portal 2 (360, PS3, Windows PC, Mac OS X)

– Spieleranzahl:
1 (Einzelspieler), 2 (Coop-Splitscreen /-Online /System Link)

– Mehrkosten:
bis jetzt keine, erster kostenloser Zusatzinhalt für „Portal 2“ wurden angekündigt

– gelungen:
musikalische Untermalung, Präsentation und Atmosphäre, Gameplay, Humor, Charaktere, Rätsel, Spielchen mit der Physik, wegweisender Coop-Modus

– weniger/nicht gelungen:
nichts

– hätte besser sein können:
obwohl der Singleplayer ausreichend lang war, hatte man trotzdem das kleine Gefühl „da fehlt noch was!“

– Kaufempfehlung für:
Portal-Fans, Puzzle-Freunde, Fans von Coop-Modi, Freunde des englischsprachigen Humors

Bitte beachten!
Dieses Spielereview unterliegt ausschließlich meiner persönlichen Betrachtungsweise und ist zu keinem Zeitpunkt dem Leser Objektivität schuldig. Die Eindrücke und Erfahrungen während des Spielens können, abhängig vom Gemütszustand der spielenden Personen, Fanboyallüren, verwendeter Technik und anderen ggfs. relevanten Faktoren stellenweise erheblich variieren. Dieser Artikel stellt keine Werbung im eigentlichen Sinne dar, sondern spiegelt lediglich meine eigene Betrachtung des Spiels wieder. Das Lesen dieses Artikels ist für alle Altersgruppen gestattet, für den Erwerb des Spiels gelten die jeweils gültigen nationalen Jugendschutzgesetze.

P.S.
Die Rückkehr von GLaDOS ist kein Spoiler, da ihre Rückkehr in den meisten Trailern und Teasern immer wieder Bestandteil war.