Da ich meinen Auftrag im Netz als wahrheitsliebender, lustiger Mensch (mit einem Knacks weg) sehr gewissenhaft wahrnehme, versuche ich in meiner neuen und klitzekleinen Rubrik, bestimmten Vor- und Fehlurteilen, Alltags- und Ausnahmedummheiten, Unklarheiten und Mysterien entgegenzuwirken und euch mit mehr oder weniger brauchbaren Fakten zu überraschen. Wer weiss, vielleicht überrasche ich mich damit ja sogar selbst?
So wie heute. Es geht um ein Lieblingsthema von Video- und Computerspielern, sowie Film-, Musik- und Comicfreunden. Die Indizierung bzw. bundesweite Beschlagnahmung eines Titels.
Es gibt viele Angaben, Halbwahrheiten und Mythen über Spiele, die entweder indiziert oder aus einem Anfall von spontanem Gutmenschentum einer bestimmten (vielleicht sogar bayrischen) Staatsanwaltschaft bundesweit beschlagnahmt werden. Und weil ich manchmal keinen Bock, oder auf Deutsch gesagt schweinefaul bin, alles mindestens gefühlte zwölftausend Mal zu wiederholen, fasse ich hier meine Erkenntnisse und Gedanken dazu in kompakter Form zusammen.
Zunächst zur Indizierung: Wie alles, was schlecht und vermeintlich bösartig ist, so ist auch die Indizierung, bzw. der Index letztlich und mit viel bösem Willen auf den Katholizismus zurückzuführen. In Deutschland bezeichnet die Indizierung die Aufnahme des Medium in den sog. Index, die Liste jugendgefährdender Medien. Diese Liste ist in verschiedene Unterlisten unterteilt, die zum Teil nicht öffentlich sind, um einer möglichen Werbewirksamkeit entgegen zu wirken. Dass nicht nur Jugendschutzaspekte, sondern auch strafrechtlich relevante Inhalte von Bedeutung für eine Indizierung sind, ist hingegen den wenigsten bekannt. Kriterien, die bei der Indizierung eine Rolle spielen, damit entsprechende Medien einer Vertriebseinschränkung unterworfen werden können, sind unter anderem: Volksverhetzung, Anleitung zu Straftaten, Gewaltverherrlichung und Gewaltverharmlosung, Aufstachelung zum Rassenhass, Pornografie, Kriegsverherrlichung sowie die betont sexuelle Darstellung von Kindern und Jugendlichen.
Zuständig für die Listenführung und Überprüfung der Medien ist die BPjM, die „Bundesprüfstelle für jungendgefährdende Medien“. Diese ist ein staatliches Organ und wird in der Regel nur auf Anfrage von außen tätig. Seit der Reform des Jugendschutzgesetzes 2003 ist es nur möglich, nicht von der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) oder FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft) geprüfte Titel zu indizieren. Was ab Januar 2011 folgen könnte, ist eine Indizierungsgefahr für nicht altersgekennzeichnete Websites. Das nur nebenbei angemerkt. USK- und FSK-geprüfte und entsprechend gekennzeichnete Titel sind von der Indizierung ausgeschlossen.
Die Bewerbung eines indizierten Titels ist verboten. Ebenso die öffentliche Auslage im Geschäft, wo unter 18-jährige Zugriff auf das Medium haben könnten. Indizierte Medien dürfen nicht im Versandhandel verkauft werden, es sei denn es existieren Möglichkeiten zur Altersverifikation, damit nur 18-jährige die Titel erwerben können. Befremdlich: obwohl gerade der Onlinehändler vom Amazonas in Deutschland eine gute (wenn auch überteuerte) Möglichkeit hat, sicherzustellen, dass der Käufer 18 Jahre sein muss für entsprechende Titel, bieten die Amazonen keine indizierten bzw. nicht-USK geprüften Titel an. Daran scheiden sich die Geister, denn für Kreditkartenbesitzer ist es ein leichtes, beim UK-Pendant des Amazonenstammes ebensolche Titel zu bestellen.
Wie bizarr eine Indizierung wirken kann, bzw. deren Streichung aus dem Index, lässt sich an dem Beispiel aus 1982 mit dem Spiel „River Raid“ auslesen. Auch indizierte Webseiten werden in Zusammenarbeit der deutschen Behörde über Suchmaschinenanbieter und Provider unzugänglich gemacht. De fakto existiert, obwohl immer wieder gerne abgestritten, eine Zensur. Und entgegen dem Grundgesetz findet diese im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten der BPjM sehr wohl statt. Verstößt also eine Indizierung gegen das Grundgesetz? Wohl weniger, denn die Ausnahmemöglichkeit sind durch das Strafgesetz und den Jugendschutz gegeben.
Dann wäre da noch die bundesweite Beschlagnahmung. Dieser Schritt vollzieht sich nach gerichtlicher Anordnung durch die Staatsanwaltschaften, auch in Zusammenarbeit mit der Polizei. Hierbei wird nach folgende im Medium vorhandenen Merkmalen geprüft und geurteilt: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole, Volksverhetzung, Anleitung zu Straftaten, Gewaltdarstellung, Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schrifte, Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften, Beleidigung und Verleumdung (allesamt strafrechtlich relevant).
Entgegen einer Indizierung, die noch halbwegs in gewissen Fällen als Jugendschutzmaßnahme zu werten sein könnte, stellt die bundesweite Beschlagnahmung eine Zensur dar, die es eigentlich gemäß Art. 5 GG nicht geben dürfte. Da aber immer mal wieder gerne mit dem berühmt berüchtigten Paragrafen § 131 StGB gewedelt wird, um Kritiker mit der „Jugendschutzkeule“ mundtot zu machen, wird sich an dieser verwerflichen Praxis in unserer demokratischen Bundesrepublik Deutschland auf die Schnelle nichts ändern.
wichtige Fakten auf einen Blick bei der Indizierung:
– Das Spiel wird NICHT verboten, der Erwerb, Verkauf und Gebrauch für und von volljährigen Personen ist weiterhin gestattet!
– Es darf keine öffentliche Werbung für das indizierte Medium gemacht werden!
– Hat ein Medium eine offizielle USK/FSK „ab 18“ Einstufung, kann es nicht mehr indiziert werden!
– Der Besitz des Mediums als volljährige Privatperson sowie der Gebrauch sind erlaubt!
– Indizierung ist eine Form indirekter staatlicher Zensur!
– Nach 25 Jahren wird der Titel vom Index automatisch gestrichen und wieder „frei“. Es muss ein neues Verfahren durchgeführt werden, um den Titel erneut indizieren zu dürfen.
– Keine eindeutige Rechtsfolge für kritische Rezensionen indizierter Titel, da keine einheitliche Rechtsprechung für diesen Fall existiert. Die Zensur in Zeitschriften und anderen Medien erfolgt aus eigenem Antrieb, um möglichen negativen Rechtsfolgen zu entgehen!
– Wer indizierte Titel Minderjährigen zur Verfügung stellt, macht sich strafbar!
– In Liste B aufgenommene Medien laufen evtl. Gefahr, bundesweit beschlagnahmt zu werden!
wichtige Fakten auf einen Blick bei der bundesweiten Beschlagnahmung:
– Der Verkauf des Mediums in Deutschland steht unter Strafe!
– Verkäufer dürfen einen bundesweit beschlagnahmten Titel weder importieren, exportieren oder sonstwie mit dem Ziel beschaffen, den Titel wieder zu verkaufen!
– Vorführung ist strafbar!
– Der Privatkäufer, der ein entsprechendes Medium in Shops aus dem Ausland kauft, darf dies tun!
– Nach deutscher Rechtsprechung macht sich der Verkäufer allerdings strafbar!
– Der Besitz als volljährige Privatperson, sowie der Gebrauch des Mediums, ist weiterhin erlaubt!
– Wer bundesweit beschlagnahmte Titel anderen zur Verfügung stellt, egal ob Leihe, Verkauf oder Vorführung, macht sich strafbar!
– die bundesweite Beschlagnahmung ist direkte staatliche Zensur!
– Ein bundesweit beschlagnahmter Titel kann ebenfalls indiziert sein!
Für meinen Punkt „keine eindeutige Rechtsfolge für kritische Rezensionen indizierter Titel, da keine einheitliche Rechtsprechung für diesen Fall existiert“ muss ich noch folgendes anmerken:
Rein theoretisch könnten Reviews und ausführlichere Berichte zu indizierten Titeln werbewirksam werden. Da diese Titel für Minderjähreige aber offiziell nicht erworben werden können, sehe ich in meiner Tätigkeit keine Einschränkung für den in Deutschland schon mit militärischer Präzision ausgeführten Jugendschutz, dass keine Beeinträchtigung dieser zarten Kinderseelen zu befürchten ist.
Dies sollte nur eine grobe Übersicht sein. Mein Blogeintrag erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Guten Appetit.